Hamburger Abendblatt Artikel über Heinemann Hamburg vom 03. Mai 2004

Familie Heinemann zieht Künstler an

Man entdeckt ihn nicht unbedingt auf den ersten Blick: Den kleinen, eher unscheinbaren Laden mit dem bunten Schaufenster an der Kastanienallee 31, mitten auf dem Kiez. Prominente Kunden wie Entertainer Jürgen von der Lippe (55), Komiker Mike Krüger (52), Moderator Götz Alsman (46) und Sänger Udo Lindenberg (57) wissen jedoch sehr gut, was sich hinter der schmalen Eingangstür befindet: ein Bekleidungsmekka für Künstler aus der Showbranche, für Musikvereine und Zirkusse.
Seit 40 Jahren verkauft Horst Heinemann (65) mit seiner Frau Susanne (52) in dem Laden Anzüge für den großen Auftritt. Skurrile Sakkos, ausgefallene Hüte und Jacken unterschiedlichster Machart hängen an den Kleiderstangen. Auf dem Tresen zeigen Fotoalben, welche Promis schon bei Familie Heinemann gekauft haben. „Ein sehr netter und quirliger Kunde ist Helge Schneider“, erzählt Susanne Heinemann. Bei seinem ersten Besuch vor einigen Jahren habe er jedes Sakko anprobiert und war genauso temperamentvoll wie auf der Bühne. „Danach war ich schweißgebadet“, sagt die gelernte Einzelhandelskauffrau.
Ihre gute Laune verliert „die Seele der Firma Heinemann“, wie Sohn Horst sie nennt, jedoch auch bei anstrengenden Kunden nicht. Auf individuelle Wünsche geht sie geduldig ein. Sie berät so lange, bis der richtige Stoff ausgesucht und der passende Schnitt gefunden ist, berichtet der 30-Jährige. Geschneidert wird in der Werkstatt in Wandsbek.
Anregungen für neue Trends holen sich die Heinemanns auf Textil- und Modemessen in Hongkong und Las Vegas. Überall tauchen die Kostüme des kleinen Familienunternehmens auf: Der Anzug der Michael-Jackson-Wachspuppe im Panoptikum stammt genauso aus der Entwurfsmappe wie die roten Portierjacken des Ordnungspersonals in Hagenbecks Tierpark.
Eines der bekanntesten Stücke ist das silber-schwarz-karierte Sakko von Musiker Werner Böhm alias Gottlieb Wendehals (62). Vor rund 20 Jahren suchte der Stimmungsmacher ein auffälliges Kleidungsstück für seine Polonäse-Auftritte. Daraufhin fertigte Horst Heinemann das legendäre Lurex-Jacket an. „Noch heute liefern wir regelmäßig Ersatzjacken an Werner Böhm“, erzählt er stolz.
Horst Heinemann junior steht nun vor der Frage, ob er das Familienunternehmen weiterführen will. Derzeit studiert er auf Lehramt. „Es reizt mich schon. Denn so interessante Persönlichkeiten wie hier, werde ich in der Schule wohl nicht treffen“, sagt er schmunzelnd. ari